„Das könnte ich vielleicht irgendwann nochmal brauchen.“ Ein Problem und seine Lösung

Wenn du dich mit Ausmisten beschäftigst, bist du bestimmt auch schon mal stecken geblieben, weil du plötzlich dachtest, du könntest das vielleicht irgendwann nochmal gebrauchen. Das kann die Aussortier-Freude richtig ausbremsen. Nichts kann plötzlich mehr weg, alles könnten wir ja irgendwann nochmal gebrauchen. Ein Klassiker! Aber es gibt Lösungen. Hier.

Das Problem

Stell dir vor, du mistest aus. Willst so richtig loslegen. Nimmst das Dings in die Hand und fragst dich, ob du es noch brauchst. Ob du es in letzter Zeit benutzt hast. Oder ob du es richtig, richtig toll findest. „Nein, nein und nein“, denkst du dir. Und willst es auf den Aussortiert-Stapel legen.

Doch plötzlich poppt ein Gedanke hoch: „Aber irgendwann könnte ich das schon nochmal benutzen.“

Diese Dinge, die wir eigentlich nicht brauchen, dann aber doch nicht aussortieren können wegen dieses blöden Brems-Gedankens, nenne ich liebevoll „VIMBS“. Vielleicht-irgendwann-mal-brauchen-Sachen. 😉

Der Gedanke ist da – und schon ist da diese Sperre. Wir mögen das Dings nicht loslassen. Denn es fühlt sich wie Verschwendung an. Wir haben Angst, das wegzugeben und es dann kurze Zeit später (schmerzlichst!) zu vermissen.

Wo kommt das her?

Ich glaube es geht hier um

Verlustangst (denn Dinge zu haben war früher (sehr viel früher!) gleichbedeutend mit Sicherheit)

und um

Sparsamkeit, Wertschätzung für die Dinge, Nachhaltigkeit (all das ist was Gutes!).

Warum du das Dings trotzdem nicht behalten solltest

Verlustangst (Verlustaversion)

Ja, früher (damals in der Höhle sozusagen) war es gut, Dinge zu haben. Das waren die Dinge, die Sicherheit gaben. Werkzeuge, Waffen, Kleidungsstücke. Oder das Überleben auf andere Art sicherten – zum Beispiel Nahrung. Also ist das so bei uns eingebrannt. Behalten-wollen!

Heute aber reden wir ja bei den VIMBS nicht über die Dinge, die extrem wichtig für unsere Sicherheit, unsere Gesundheit und unser Überleben sind. Sondern über den Kram, der zu dem heute in unserer Gesellschaft typischen Überfluss zählt.

Mach dir das klar, wenn du zögerst. Vielleicht kannst du dann deine eingebaute Verlustaversion etwas entschärfen.

Endlich Ausmisten - die Checkliste mit Fragenfinder, hier anfordern.

Sparsamkeit, Wertschätzung, Nachhaltigkeit

Ja, das ist was Gutes! Dinge achten, das Geld nicht zum Fenster rauswerfen, Ressourcen schonen. Ich bin ganz bei dir!

Aus all diesen Gründen mögen wir den Gedanken „ich sortiere es aus und wenn ich es dann doch brauche, kann ich mir ja ein neues besorgen“ nicht. Klingt nicht sparsam, klingt nicht wertschätzend, klingt nicht nachhaltig.

Aber hier kommt das große ABER. Besser gesagt: Sogar vier davon!

Erstens: Das Wörtchen „vielleicht“ in „Das könnte ich vielleicht irgendwann nochmal brauchen.“

Wenn du jetzt nicht weißt, OB du diese Sache wieder benutzen wirst und WANN – dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass du sie wirklich zukünftig benutzen wirst, sehr, sehr gering.

Und die Wahrscheinlichkeit, dass du einfach von nun an zufrieden ohne diese Sache leben wirst, sehr, sehr hoch! (Und zwar zufriedener als vorher.)

Zweitens: Wenn du die Sache nach dem Ausmisten doch plötzlich ganz gut gebrauchen könntest (das kann natürlich passieren, machen wir uns nichts vor), wird es ziemlich sicher dann doch ohne gehen, weil du sie eben nicht mehr hast.

Will heißen: Du musst dir diese Sache dann gar nicht zwingend ersetzen. Weil du es dann halt anders hinbekommst.

Drittens: Wenn du wirklich mal eine Sache ersetzen musst, kannst du sie ja auch gebraucht kaufen. Dann ist sie billiger und umweltfreundlich ist es auch.

Viertens: Bei Sachen, die du noch verkaufen, spenden oder verschenken kannst, ist es am aller-aller-nachhaltigsten, wenn du sie jetzt dorthin gibst, wo sie zum Einsatz kommen – statt sie in deinem Schrank versauern zu lassen, nur weil du sie vielleicht nochmal irgendwann brauchen könntest. So verhinderst du, dass jemand anders sich diese Sache jetzt neu kauft. Das ist Ressourcenschonung pur!

Die Lösung

Unterscheide zwischen

„Könnte ich vielleicht irgendwann nochmal brauchen“

und

„Ich weiß ich werde das wieder brauchen“.

Was du nur vielleicht irgendwann mal wieder brauchst, kannst du getrost aussortieren. Du wirst mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ohne zurecht kommen. Ganz zur Not (kommt nach meiner Erfahrung so gut wie nie vor!) kannst du dir auf nachhaltige Weise einen Ersatz besorgen.

Was du ganz sicher wieder brauchen wirst, verdient noch einen weiteren Blick:

„Wann wird das wohl sein?“

Ich erzähle dir eine kurze (wahre) Geschichte als Beispiel:

Endlich Ausmisten - die Checkliste mit Fragenfinder, hier anfordern.

Ein Dreikindvater hat mir erzählt, dass die Familie einen ganzen Satz schöner Sektgläser besitzt, sie aber nie benutzt. Die Eltern trinken halt keinen Sekt.

Die Gläser auszusortieren fällt ihm aber schwer, denn er möchte mit seinen Kindern jeweils zu ihrem 18. Geburtstag anstoßen. Die erste dieser Partys findet in sieben Jahren statt. Er braucht seine Sektgläser also in sieben Jahren das nächste Mal wieder. Erst vier weitere Jahre später wird das nächste Kind 18. Und wiederum einige Jahre danach Kind Nummer drei.

Soll er nun diese Gläser aufbewahren, obwohl es ihm nicht wichtig ist, den Sekt genau aus diesen Gläsern zu trinken?

Er hat schließlich noch mehr Möglichkeiten für diese Partys: Er kann sich Gläser leihen, welche mieten, sich gebrauchte besorgen oder – wenn alle Stricke reißen – neue.

Oder, ganz rebellisch: Sekt aus anderen Gläsern trinken! (Das wäre zum Beispiel für mich alte Kulturbanausin überhaupt kein Problem – warum soll ich mir von irgendwelchen althergebrachten Gepflogenheiten vorschreiben lassen, aus welchen Gläsern ich trinken soll?)

Dafür hätte er ab heute keine Gläser mehr herumstehen, die Platz benötigen, einstauben und aufs Abstauben warten. Das würden sie nämlich sonst tun – und das knapp 15 Jahre lang!

Also: Ja, er wird die Gläser wieder benutzen. Aber erst in so ferner Zukunft, dass es für ihn vorteilhafter sein könnte, sie auszusortieren und sich später um angemessene Trinkgefäße zu kümmern. So würde ich es machen.

Noch eine Idee: Die 20-20-Regel

Manche Minimalist*innen (zum Beispiel „The Minimalists“ und „The Minimal Mom“) schwören auf diese Regel. Unbenutzte Dinge werden aussortiert, wenn sie innerhalb von 20 Minuten für weniger als 20 Euro ersetzbar sind. Die Zahlen kannst du beliebig anpassen. Du kannst auch 30 Kilometer und 30 Euro draus machen. Oder 40 Stunden und 40 Euro. Du verstehst den Dreh.

Bei dieser Regel bekommst du vielleicht ein Störgefühl, wenn dir Nachhaltigkeit wichtig ist. So nach dem Motto: „Wegschmeißen, dann neu kaufen.“ Das geht mir auch so.

Allerdings, ganz wichtig: Auch diese Regel ist gar nicht besonders krass un-nachhaltig. Denn es ist eben wirklich so, dass du diese Dinge mit aller-aller-allerhöchster Wahrscheinlichkeit nicht ersetzen wirst. Weil sie dir dann einfach nicht genug fehlen werden. Weil du sie wirklich nicht brauchst.

Diese Regel ist also eher dazu da, im Moment des Loslassens die Sorge vor dem „Was ist wenn ich das dann später doch brauche?“ zu beruhigen.

Meine Erfahrung

Ich hatte und habe auch oft den „Das-könnte-ich-irgendwann-nochmal-gebrauchen-Gedanken“. Gelegentlich hatte ich auch schon den Moment, in dem ich mich geärgert habe, dass das Dings weg war. Aber ich habe trotzdem noch nie (noch NIE!) eine aussortierte Sache dann tatsächlich später ersetzt. Es ging dann immer wunderbar so. Ehrlich.

Durch das Weggeben habe ich hingegen viel gewonnen:

Platz, weniger Arbeit durch weniger Aufräumen, manchmal Geld.

Und Erleichterung auf der inneren To-Do-Liste, denn oft hängt bei mir an so einer VIMBS ein Projekt, das ich mir vorgenommen habe, aber schon seit Jahren nicht umgesetzt. Weil es einfach nicht wichtig genug ist, um im wilden Alltag dranzukommen. Ich fühle mich dann jedes Mal schlecht, wenn ich die Sache sehe und an dieses Möchtegern-Projekt und mein gefühltes Verplant-Sein erinnert werde.

Herrlich, diese Freiheit, wenn das weg ist!

In diesem Sinne wünsche ich dir ein erfolgreiches Ausmisten. Geh doch einfach mal das Risiko ein: Sortier eine Sache aus, die du vielleicht nochmal irgendwann gebrauchen könntest.

Liebe Grüße

Deine Birte

PS:

  • Noch mehr Tipps zum Ausmisten bekommst du in meiner kostenlosen Checkliste „Endlich ausmisten“.
  • Dieser Artikel entstand in der #Blognacht von und mit der wunderbaren Anna Koschinski. Danke!
  • Das Bild ist von Couleur via Pixabay. Danke dir!

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